Freitag, 12. Mai 2006

Passives Solarhaus Riederau Ammerseewest

"Im Masse mit der Landschaft wuchs Dein Haus, nicht höher als der nahe Baum es sinnt. "
Stefan George

Für jeden Architekten ist es von entscheidender Bedeutung wahrzunehmen, was bewahrt, was vom vorhandenen Ort in die neue Gegenwart eindringen sunhouse-1
und nach dem Bau darin auftauchen soll. Das Verständnis dafür, was zu ignorieren, was abzuziehen, auszulöschen, hinzuzufügen oder umzugestalten ist, gehört zu den Grundlagen der Architekturpraxis.

Die Vorläufer passiver Solarhäuser sind die Palmenhäuser und Orangerien des 17., 18. und 19. Jahrhunderts. Am berühmtesten ist die Orangerie von Sanssouci in Potsdam geworden, für München stehen die Palmenhäuser von Schloss Nymphenburg.
Das war der Plan: ein bewohnbares Palmenhaus mit den Bedingungen des Grundstücks, der Vegetation, und der in unseren Breitengraden herrschenden Klimaverhältnissen zu entwickeln. Keine komplizierte Steuerung, keinen technischen Aufwand.

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Der Baukörper zeigt eine nach Süden aufgeglaste Schachtel. Der Lauf des Tages geht sommers und winters durch die Räume hindurch und der Rhythmus des Jahres ist am Stand der Sonne an den Wänden und Böden sichtbar. Die große Glasfassade nimmt jede Veränderung der Helligkeit am Himmel wie ein Belichtungsmesser sofort wahr, und alles, was in der Natur geschieht, spielt sich auch im Inneren ab.

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Die Sonnenenergie wird direkt genutzt. Die einfallenden Sonnenstrahlen treffen auf Böden und Wänden auf und werden in Wärme umgewandelt. Decken, Wände und Böden bilden die Speichermasse, die an sonnigen Tagen wie ein solarbeheizter Kachelofen arbeitet. Die massiven Wände geben die eingefangene Wärme mit Zeitverzögerung als Strahlungswärme wieder ab. Darüber hinaus wirken die Räume wie Warmluftkollektoren: die erwärmte Luft wird durch Öffnen von Türen und Lamellenfenster in Räume geleitet, die nicht auf der Südseite liegen. Das trifft für die im Norden liegenden Nebenräume und den Raum hinter dem Glashaus zu.

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Das Haus vereinigt in sich mehrere Anwendungen der passiven Solarenergienutzung. Es gibt das normale Sonnenfenster mit einem Wirkungsgrad von 60 - 80%, die Solarwand mit 30 - 50% und das Glashaus mit 15- 30%. Das Glashaus hat neben der Funktion als Wintergarten noch die Aufgabe einer Pufferzone, denn hier ist der Eingang. Alle Wände, die von der Sonne direkt angestrahlt werden, arbeiten als Solarwände, sie geben die tagsüber gespeicherte Wärme nach Sonnenuntergang wieder ab.

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Die Haustiefe beträgt nur fünf Meter. Bei einer lichten Raumhöhe von 2,50 m reicht dann die Sonne in den Monaten November bis Februar, wo sie tief am Himmel steht, bis an die speicherfähige Masse der Rückwände. Im ersten Stock ist die Decke 15° geneigt, so dass Sonnenstand und Dachneigung beinahe gleich sind.

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F: Soll nun ein Haus so aussehen wie ein Schlafwagen oder wie ein Schiff? S: Nein. F: Wie denn? S: Wie ein Haus. Josef Frank, Vom neuen Stil



Natürliche Klimatisierung:
Während der Heizperiode wird die Sonneneinstrahlung durch die nach Süden ausgerichtete Fensterfläche eingefangen und in den Decken, Wänden und Böden gespeichert und bei Bedarf abgegeben: Natürliche Heizung. An warmen Sommertagen wird die Speichermasse umgekehrt benutzt; nachts lässt man die schweren Bauteile durch die Nachtluft abkühlen. Damit sind die Wände für den nächsten Tag wieder aufnahmebereit: Natürliche Kühlung. Während des Tages, wenn die Sonne steil am Himmel steht, ist der senkrechte Teil der Südfassade durch den Dachüberstand verschattet und der obere Teil der schräg stehenden Wintergartenverglasung aufgefahren. Damit hat man die Hitze im Griff. Für einen weiteren Ausgleich sorgen die hohen Bäume, die in der Nähe des Hauses stehen.

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…eine Ruine vorzubereiten, die durch Efeu im Lauf der Zeit schöner wird als alle anderen ... Guillaume Apollinaire


Da wir nicht in Santa Fe, New Mexico, am 36. Breitengrad mit sehr kalten Wintern aber hohem Sonnenstand und nicht im Gebirge auf 1800 m an einem Südhang gebaut haben, sondern am 48. Breitengrad in der Ebene, haben wir für den Winter eine Zusatzheizung. Wir heizen mit einer Gas-Therme oder einem Holzofen. In guten Jahren brauchen wir von Ende Februar bis Anfang November keine zusätzliche Heizung, und im Winter je nach Wetter ebenfalls nicht. Bewohner von Solarhäusern mit passiver Nutzung hören intensiv den Wetterbericht; denn kalte Tage mit strahlend blauem Himmel sind ideal, um den Winter ohne Heizung zu genießen.

Axel Tilch Gisela Drexler Architekten
Am Steinigen Graben 3
D-86911 Diessen am Ammersee
fon/fax +49 (0)8807 7220
sunhouse.td@t-online.de

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pavel und helena
finde ich klasse. beste grüße pavel
pavelhelena - 8. Mai, 11:07
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Heute sind wir da, ob morgen auch noch, weiß man nicht. Tun wir, was wir können und bekümmern wir uns nicht.

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